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Menno Simons - Auszug aus dem Papsttum
Publiziert von Jesusruf
Autor: Menno Simons
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Publizierung: 05.06.08
Letzte Revision: 05.06.08

MennoSimonsEin bewegendes Zeugnis von Menno Simons, der erkannte "...daß wir mit der Kindertaufe betrogen waren." und getrieben war von dem Gedanken: "Ich elender Mensch, was mache ich? Wenn ich in diesem Zustand bleibe und mich nicht nach der mir geschenkten Erkenntnis dem Wort des Herrn ergebe, wenn ich die Heuchelei der Gelehrten, das unbußfertige fleischliche Leben, ihre verkehrte Taufe, das Abendmahl und den falschen Gottesdienst nicht mit des Herrn Wort nach meiner geringen Gabe zurechtweise, ..."


Vorwort

Vor vielen Jahren hörte ich eine Predigt über das Leben des Menno Simons. Ich erfuhr mit Schrecken, dass er wegen seiner Tauflehre von der Kirche verfolgt und letzendlich viergeteilt wurde. Da ich aus der Bibel wusste, dass Menno Simons offenbar die rechte biblische Sichtweise hatte und seine Verkündigung mit einem hohen Preis bezahlen musste, wurde mein Blick auf das Thema "Taufe" gelenkt. Ich hatte den Eindruck, an der rechten, biblischen Taufe musste mehr dran sein, als mir bislang bewusst war. War ich doch, wie üblich, als Baby "getauft" worden, und damit schien für mich das Thema erledigt zu sein.

Nun wurde mir aber deutlich, dass, wenn "die Welt" sich derart gegen die rechte biblische Taufe wendete, diese nach dem Willen Gottes umso bedeutsamer sein musste. Es konnte sich hier nicht einfach nur um ein beliebiges Ritual handeln, es musste einfach mehr dran sein, sonst würde der Widersacher Gottes ja nicht so schrecklich dagegen vorgehen. Das Thema liess mich nicht mehr los und eines Tages liess ich mich in einem See taufen. Es war ein wahrhaft einschneidendes Erlebnis mit weitreichenden Folgen. Das will ich an dieser Stelle jedoch nicht näher ausführen. Nur insoweit: ich durfte erleben, dass die rechte Taufe gemäss Gottes Wort nicht etwa nur ein "(höflicher) Gehorsamsschritt", eine "(lästige) Pflichterfüllung", sondern vielmehr ein grosses Geschenk Gottes an Seine Kinder ist. Die Glaubenstaufe ist ein grosser Segen, den man sich nicht nehmen lassen darf.

Als ich nun, Jahre danach, die nachfolgende zeugnishafte Schrift von Menno Simons zu lesen bekam, war ich wiederum tief beeindruckt davon, wie der Herr Jesus durch Seine Getreuen wirkt. Es lohnt wirklich, sich den folgenden Text in Ruhe und unter Gebet durchzulesen.

Schöckingen, 05.06.08, K. Ted Reischle


Menno Simons (1496-1561) war katholischer Priester, der durch die Beschäftigung mit den Neuen Testament darauf stieß, daß die Lehren seiner Kirche nicht biblisch sind. Er forschte weiter nach, bis er eines Tages sein Pfarramt aufgab und die katholische Kirche verließ. Er gehörte zur Bewegung der Täufer und deswegen wurden seine Schriften verboten und auf seine Ergreifung eine Belohnung ausgesetzt. Auf ihn geht die Freikirche der "Mennoniten" zurück. Diese nehmen die Bibel sehr ernst und achten in allen Lebensbereichen darauf. Von Mennoniten wird erwartet, ihre Bibel gut zu kennen.

Der nachfolgende Text stellt in einer Art Autobiographie zeugnishaft dar, wie er zum Glauben an den Herrn Jesus Christus kam und sich damit der katholischen Kirche abwendete.


Menno Simons : Auszug aus dem Papsttum

Mein Leser! Ich schreibe dir die Wahrheit und lüge nicht. Es geschah im Jahre 1524, als ich 28 Jahre alt war, daß ich mich in meines Vaters Dorf, Pingum genannt, in den Dienst der Päpste begab, wo auch zwei andere, so alt wie ich, mit mir im gleichen Dienst standen. Der eine, der ein wenig studiert hatte, war mein vorgesetzter Pastor, der zweite war unter mir. Diese beiden hatten die Schrift teilweise ein wenig gelesen. Aber ich hatte sie mein Lebtag nicht angerührt; denn ich fürchtete, wenn ich sie lesen würde, könnte ich verführt werden. Sieh, so ein unwissender Prediger war ich ungefähr zwei Jahre lang! Im ersten Jahr danach kam mir, so oft ich mit Brot und Wein in der Messe umging, der Gedanke, daß es gar nicht des Herrn Fleisch und Blut sei. Ich meinte, daß mir das der Teufel einflüsterte, damit er mich von meinem Glauben abbrächte. Ich beichtete es häufig, seufzte und betete. Doch konnte ich von diesem Gedanken nicht frei werden. Die zwei erwähnten jungen Männer und ich verbrachten unser tägliches Leben miteinander mit Spielen, Trinken und eitlem Zeitvertreib, wie es leider die Art und Weise solch unnützer Leute ist. Und wenn wir dann auch einmal ein wenig über die Schrift sprechen mußten, konnte ich kein Wort mit ihnen wechseln, ohne ihren Spott zu ernten. Denn ich hatte überhaupt keine eigene Meinung. So verschlossen lag Gottes Wort vor meinen Augen. Endlich entschloß ich mich, das Neue Testament einmal mit Fleiß zu untersuchen. Ich brauchte nicht weit zu lesen, bis ich entdeckte, daß wir betrogen worden waren, und mein Gewissen, das über das erwähnte Abendmahlsbrot bekümmert war, wurde rasch von seinem Kummer befreit. Dabei hatte ich keine Anleitung, wiewohl mir Luther dadurch half, daß er lehrte, das übertreten menschlicher Gebote könne den ewigen Tod nicht zur Folge haben. Durch die Erleuchtung und Gnade des Herrn machte ich von Tag zu Tag Fortschritte in der Kenntnis der Schrift und wurde bald von manchen (obwohl Unrecht) als ein evangelischer Prediger gerühmt. Ein jeder suchte mich und lief mir nach; denn die Welt hatte mich lieb und ich die Welt. Trotzdem hieß, daß ich Gottes Wort predige und ein feiner Mann sei. Danach geschah es, ehe ich je von irgendwelchen Brüdern gehört hatte, daß ein gottesfürchtiger, frommer Held, namens Sicke Snyder, in Leeuwarden enthauptet wurde, weil er seine Taufe erneuert hatte. Es klang sehr seltsam in meinen Ohren, daß man von einer zweiten Taufe sprach. Ich forschte fleißig in der Schrift und überdachte sie mit Ernst, konnte aber für die Kindertaufe keinen Beleg finden. Als ich das nun merkte, hielt ich mit dem erwähnten mir vorgesetzten Priester Besprechungen über diese Angelegenheit und brachte ihn nach vielen Worten so weit, daß er zugeben mußte, daß die Kindertaufe in der Schrift keinen Grund habe. Gleichwohl durfte ich meinem Verstand allein noch nicht trauen, sondern suchte Rat bei einigen Autoren. Die lehrten mich, daß die Kinder durch die Taufe von ihrer Erbsünde reingewaschen werden müßten. Ich verglich es mit der Schrift und fand, daß es gegen die alleinige Versühnung durch Christi Blut war. Danach griff ich zu Luthers Schriften, um seine Begründung der Kindertaufe zu erfahren. Er lehrte mich, daß man die Kinder auf ihren eigenen Glauben taufen solle. Ich sah, daß auch dies nicht mit Gottes Wort übereinstimmte. Zum dritten suchte ich bei Bucer Rat. Er lehrte mich, daß man die Kinder taufen solle, damit man desto fleißiger auf sie achthaben und sie in den Wegen des Herrn erziehen könne. Ich fand auch hier, da es nicht biblisch begründet war.

Zum vierten befragte ich Bullinger. Der wies mich hin auf den Alten Bund und die Beschneidung, und ich fand wiederum, daß es vor der Schrift nicht bestehen konnte.

Als ich nun allenthalben merkte, daß die Autoren in ihrer Begründung so weit voneinander abwichen und ein jeder seiner eigenen Vernunft folgte, da sah ich ganz klar, daß wir mit der Kindertaufe betrogen waren.

Kurze Zeit darauf wurde ich in ein anderes Dorf gewählt, nach Witmarsum, wo ich geboren war. Gewinnsucht und Begierde nach größerem Ruhm zogen mich dorthin. Wie andere Heuchler redete ich dort viel von des Herrn Wort, jedoch nicht in seinem Geist oder in seiner Liebe, und gewann damit Jünger, die mir gleich waren, nämlich eitle Ruhmreder und leichtfertige Schwätzer, die leider die Sache des Herrn, wie ich selber, wenig zu Herzen nahmen.

Und obgleich ich schon viel Erkenntnis aus der Schrift gesammelt hatte, so verschwendete ich doch diese Erkenntnis durch die Lüste meiner Jugend in einem unreinen, fleischlichen Leben ohne jede Frucht und suchte nichts als Gewinn, Bequemlichkeit, Menschengunst, Ansehen, Ruhm und Ehre, wie gewöhnlich alle tun, die auf einem solchen Schiff fahren.

Du siehst, lieber Leser, wie ich meine Erkenntnis betreffs Taufe und Abendmahl durch vieles Lesen und Nachdenken über die Schrift dank der Erleuchtung des Heiligen Geistes und Gottes gnädiger Gunst gewonnen habe, nicht durch den Einfluß der verführerischen Sekten, wie man mir nachsagt. Ich hoffe, daß ich die Wahrheit schreibe und keinen eitlen Ruhm suche. Sollten mir aber irgendwelche Menschen dabei behilflich gewesen sein, so will ich dem Herrn dafür ewig danken.

Inzwischen geschah es, als ich ungefähr ein Jahr in Witmarsum gewohnt hatte, daß eine beträchtliche Anzahl mit der Wiedertaufe in den Ort einbrachen. Aber woher die ersten Anfänger kamen oder wo sie zuhause waren und wer sie eigentlich waren, ist mir noch bis zu dieser Stunde unbekannt, und ich habe sie auch mein Lebtag nicht gesehen.

Dann entstand bald die Sekte von Münster, durch welche viele fromme Herzen auch in unserem Ort betrogen wurden. Meine Seele war sehr betrübt. Denn ich erkannte, daß sie zwar eiferten, aber doch in der Lehre irrten. Ich stellte mich mit meiner geringen Gabe dem entgegen, durch Predigen und Ermahnungen, soviel ich vermochte. Zweimal verhandelte ich mit einem ihrer Vorsteher, einmal heimlich, einmal öffentlich. Aber mein Ermahnen hatte keinen Erfolg, weil ich selbst noch tat, was nach meinem eigenen Wissen unrecht war. Es verbreitete sich weit umher das Gerücht, ich könne diesen Leuten den Mund fein stopfen. Sie beriefen sich alle auf mich, wer sie auch waren. Ich sah mit eigenen Augen, daß ich Vorkämpfer und Bürge der Unbußfertigen war, die sich alle auf mich verließen. Das gab meinem Herzen keinen geringen Schlag. Ich seufzte und betete: "Herr, hilf mir, daß ich doch anderer Leute Sünde nicht auf mich lade!" Meine Seele wurde bekümmert und ich dachte über das Ende nach. Selbst wenn ich die ganze Welt gewönne, dazu tausend Jahre lebte und doch zuletzt Gottes strafende Hand und Zorn tragen müßte, was hätte ich dann gewonnen?

Danach sind die armen verirrten Schafe, die herumirrten, weil sie keine rechten Hirten hatten, nach vielen grausamen Edikten, nach Morden und Umbringen an einer Stelle in unserer Nähe, genannt das Alte Kloster, zusammengekommen. Unter dem Einfluß der gottlosen Lehre von Münster haben sie (leider!) gegen Christi Geist, Wort und Vorbild das Schwert zur Gegenwehr gezogen, obgleich dem Petrus vom Herrn befohlen worden war, es in die Scheide zu stecken.

Als das so geschehen war, fiel das Blut der Opfer, obgleich sie verführt waren, so brennend auf mein , Herz, daß ich es nicht ertragen, noch Ruhe in meiner Seele erlangen konnte. Ich dachte über mein eigenes unreines, fleischliches Leben nach, sowie über meine heuchlerische Lehre und Abgötterei, die ich täglich zum Schein, ohne innere Neigung und meiner Seele zuwider trieb. Ich sah mit eigenen Augen, daß diese eifrigen Kinder Leib und Gut für ihre Lehre und ihren Glauben freiwillig hingaben, wenn es auch keine heilsame Lehre war. Und ich war einer von denen, die einige von den papistischen Greueln teilweise mit entlarvt hatten! Trotzdem blieb ich bei meinem losen Leben und bei meinen durchschauten Greueln nur darum, daß ich die Bequemlichkeit meines Fleisches genießen und verschont vom Kreuz des Herrn bleiben konnte.

Wenn ich das so betrachtete, wurde meine Seele so erschüttert, daß ich es nicht länger ertragen konnte. Ich dachte bei mir selbst: "Ich elender Mensch, was mache ich? Wenn ich in diesem Zustand bleibe und mich nicht nach der mir geschenkten Erkenntnis dem Wort des Herrn ergebe, wenn ich die Heuchelei der Gelehrten, das unbußfertige fleischliche Leben, ihre verkehrte Taufe, das Abendmahl und den falschen Gottesdienst nicht mit des Herrn Wort nach meiner geringen Gabe zurechtweise, wenn ich aus fleischlicher Furcht den rechten Grund der Wahrheit nicht aufdecke, wenn ich die unschuldig irrenden Schafe, die so gern recht tun würden, wenn sie nur wüßten, was recht ist, nicht, so viel an mir liegt, zur rechten Weide Christi führe: ach, wie wird das vergossene Blut (wenn auch im Irrtum vergossen) in jenem Gericht des allmächtigen und großen Gottes gegen dich zeugen und über deine arme elende Seele vor deinem Gott das Urteil sprechen!"

Mein Herz in meinem Leibe bebte mir. Ich bat meinen Gott mit Seufzen und Tränen, er wolle mir betrübtem Sünder die Gabe seiner Gnade geben, ein reines Herz in mir schaffen, meinen unreinen Wandel und mein eitles Leben durch die Verdienste des roten Blutes Christi gnädiglich vergeben und mir Weisheit, Geist, Freimütigkeit und männlichen Mut schenken, auf daß ich seinen anbetungswürdigen hohen Namen und sein heiliges Wort unverfälscht predigen und seine Wahrheit zu seinem Preise an den Tag bringen möge.

Ich begann, im Namen des Herrn das Wort wahrer Buße öffentlich von der Kanzel zu lehren, das Volk auf den schmalen Weg zu weisen, alle Sünden und Gottlosigkeiten, auch alle Abgötterei und falschen Gottesdienst kraft der Heiligen Schrift zurechtzuweisen, den rechten Gottesdienst, auch Taufe und Abendmahl nach dem Sinn der Lehre Christi öffentlich zu bezeugen, sofern ich zu der Zeit von dem Herrn Gnade empfangen hatte.

Auch warnte ich ernstlich einen jeden vor den münsterschen Greueln, nämlich vor dem König, vor der Vielweiberei, vor dem Reich und dem Schwert usw., bis mir der gnädige große Herr nach der Zeit von ungefähr neun Monaten seinen väterlichen Geist, seine Hilfe, Kraft und Hand reichte, so daß ich meinen guten Ruf, meine Ehre und meinen Namen, die ich bei den Menschen hatte, und alle meine antichristlichen Greuel, Messe, Kindertaufe, eitles Leben und das alles auf einmal freiwillig verließ und mich williglich in alles Elend und alle Armut unter das drückende Kreuz meines Herrn Christus begab, in meiner Schwachheit meinen Gott fürchtete, nach gottesfürchtigen Menschen suchte und einige, wenn auch wenige, in gutem Eifer und rechter Lehre fand, mit den Irregeführten sprach, einige durch Gottes Hilfe und Kraft aus den Stricken ihrer Verdammnis durch Gottes Wort erlöste, für Christus gewann und die Halsstarrigen und Verstockten dem Herrn befahl.

Sieh, mein Leser, so hat mich der gnädige Herr durch die milde Gunst seiner großen Gnade, die er mir elendem Sünder gewährt hat, zuerst in meinem Herzen berührt, mir ein neues Gemüt gegeben, mich in seiner Furcht erniedrigt, mich zu einem Stück selbst kennen gelehrt, vom Weg des Todes abgewendet und auf den engen Weg des Lebens in die Gemeinschaft seiner heiligen Barmherzigkeit berufen. Ihm sei Preis in Ewigkeit. Amen.

Nach ungefähr einem Jahr, als ich mich in der Stille mit Lesen und Schreiben in des Herrn Wort übte, begab es sich, daß ungefähr sechs, sieben oder acht Personen zu mir kamen, die eines Herzens und Sinnes mit mir waren, in ihrem Glauben und Leben (soviel wie Menschen das beurteilen können) unsträflich, nach dem Zeugnis der Schrift von der Welt abgeschieden und dem Kreuz unterworfen. Sie trugen nicht nur tiefste Abscheu vor den Münsterschen, sondern auch vor dem Fluch und den Greueln der ganzen Welt und aller Sekten. Sie ersuchten mich in Liebe und mit vielem Bitten zu Gunsten der Gottesfürchtigen, die mit ihnen und mir in gleichem Geist wandelten, doch den großen, schweren Jammer und die Not der armen bedrückten Seelen ein wenig zu beherzigen (denn der geistliche Hunger war groß, und der getreuen Haushalter gab es nur ganz wenig) und mein Pfund, das ich, obgleich ich unwürdig war, vom Herrn empfangen hatte, auf Gewinn hin anzulegen.

Als ich dies hörte, war mein Herz sehr bekümmert. Überall gab es Beschwerden und Bangigkeit. Denn auf der einen Seite sah ich meine geringe Begabung, meine große Unwissenheit, meine schwache Natur, die Schwachheit meines Fleisches, die übergroße Bosheit, den Mutwillen, die Verkehrtheit und die Tyrannei dieser Welt, die gewaltig großen Sekten, die Spitzfindigkeit vieler Geister und das jämmerlich schwere Kreuz, das mich, wenn ich anfinge, drücken würde. Und auf der andem Seite sah ich den erbärmlich großen Hunger und den Mangel und die Not der gottesfürchtigen, frommen Kinder. Denn ich sah ganz klar, daß sie irrten wie die unschuldigen verlassenen Schafe, die keinen Hirten haben.

Zuletzt nach vielen Bitten stellte ich mich in den Dienst des Herrn und seiner Gemeinde unter der Bedingung, daß sie und ich den Herrn eine Zeitlang ernstlich bitten sollten. Wenn es nun sein wohlgefälliger, heiliger Wille wäre, daß ich ihm zum Preis dienen könnte und sollte, so wolle seine väterliche Güte mir ein solches Herz und Gemüt gönnen, daß ich mit Paulus bezeugen könne: "Weh mir, wenn ich nicht das Evangelium predigte!" Andernfalls wolle er es so fügen, daß meine Berufung unterbliebe. Denn Christus sagt: " Wo zwei unter euch eins werden auf Erden, so soll ihnen das, worum sie bitten, von meinem Vater im Himmel widerfahren. Denn wo zwei oder drei in meinem Namen beisammen sind, da bin ich mitten unter ihnen" (Matth. 18,19 f.).

Sieh, mein Leser, so bin ich nicht von der münsterschen oder von irgendeiner andern aufrührerischen Sekte (wie man es mir nachgesagt hat) in diesen Dienst berufen worden, sondern als Unwürdiger von einem Volk, das für Christus und sein Wort bereitstand, das ein bußfertiges Leben in der Furcht seines Gottes führte, in Liebe dem Nächsten diente, das Kreuz trug, aller Menschen Wohlfahrt und Heil suchte, die Gerechtigkeit und Wahrheit liebhatte, vor Ungerechtigkeit und Bosheit zurückschreckte usw. Das ist stets ein kräftiges und lebendiges Zeugnis dafür, daß sie nicht, wie sie gescholten wurden, eine verkehrte Sekte, sondern (wenn auch der Welt unbekannt) wahre Christen waren, wenn man wirklich glaubt, daß Christi Wort wahrhaftig und sein unsträfliches, heiliges Leben und Vorbild unfehlbar und richtig ist.

So bin ich elender, großer Sünder vom Herrn erleuchtet und zu einem neuen Sinn bekehrt worden. Ich bin aus Babel geflohen, nach Jerusalem gezogen und zuletzt als Unwürdiger in diesen hohen und schweren Dienst gekommen.

Als nun die erwähnten Personen von ihrer vorgetragenen Bitte nicht abließen und mich zum Teil auch mein eigenes Gewissen (wenn auch in Schwachheit) nötigte, weil ich, wie erzählt, den großen Hunger und die Not sah, da habe ich mich mit Leib und Seele dem Herrn übergeben und seiner Gnadenhand anempfohlen. Ich begann damals auf Grund seines heiligen Wortes zu lehren und zu taufen, mit meiner geringen Gabe auf des Herrn Acker zu arbeiten, an seiner heiligen Stadt und seinem Tempel zu bauen und die verfallenen Steine wieder an ihren Platz zu fügen usw. Und der große und starke Gott hat das Wort wahrer Buße, das Wort seiner Gnade und Kraft, unter heilsamer Mitwirkung seiner heiligen Sakramente, durch unsern geringen Dienst, unser Lehren und unser ungelehrtes Schreiben, in Gemeinschaft mit dem sorgfältigen Dienst, der Arbeit und Hilfe unserer getreuen Mitbrüder in vielen Städten und Ländern so bekannt und kund gemacht und die Gestalt seiner Gemeinde so herrlich werden lassen und mit so unüberwindlicher Kraft beschenkt, daß auch viele hohe, stolze Herzen nicht allein demütig, die unsauberen nicht allein keusch, die trunkenen nüchtern, die gierigen milde, die grimmigen gütig und die gottlosen gottesfürchtig wurden, sondern daß sie auch um des herrlichen Zeugnisses Jesu Christi willen Gut und Blut, Leib und Leben getreulich verließen, wie es auch zur Stunde noch täglich zu sehen ist. Das sind nicht die Früchte oder Zeichen einer falschen Lehre (an der Gott nicht mitwirkt); das könnte auch unter solch schwerem elendem Kreuz nicht so lange bestehen, wenn es nicht des Allmächtigen Kraft und Wort wäre.

Ja, was mehr ist: Sie wurden in ihren Versuchungen mit solcher Gnade und Weisheit (die Christus all den Seinigen verliehen hat) beschenkt, daß alle weltgelehrten und hochberühmten Meister, dazu alle blutschuldigen stolzen Tyrannen, die (0 Gott!) sich auch rühmen, sie seien Christen, vor diesen unüberwindlichen Rittern und frommen Zeugen Christi überwunden und beschämt dastehen müssen, so daß sie auch in allen Dingen keine andere Wehr und Ausflucht haben oder wissen als Bannen, Fangen, Peinigen, Brennen, Morden und Umbringen, wie es von Anfang an Brauch und Art der alten Schlange gewesen ist und wie man es an vielen Plätzen in unsren Niederlanden leider noch täglich sehen und spüren kann.

Seht, dies sind die Früchte unserer Berufung, Lehre und unseres Dienstes, derentwegen wir so grausam gelästert und so feindlich verfolgt werden. Ob nicht auch alle Propheten, Apostel und getreuen Diener Gottes gleiche Früchte durch ihren treuen Dienst hervorgebracht haben, darüber wollen wir gern alle Frommen Richter sein lassen.

Was aber mein eigenes, armes, schwaches und unvollkommenes Leben anlangt, bekenne ich frei heraus, daß ich ein elender, armer Sünder bin, in Sünden empfangen und sündig aus einem sündigen Samen geboren. Ich sage mit David, daß meine Sünde stets gegen mich ist. Meine Gedanken,

Worte und Werke überführen mich. Ich merke und sehe mit dem heiligen Paulus, daß in meinem Fleische nichts Gutes wohnt. Trotzdem muß ich mich in meiner Schwachheit dessen rühmen, daß, wenn diese böse und wüste Welt unsere Lehre (die nicht unsere, sondern die des Herrn Christus ist) mit Geduld hören und ihr in reiner Gottesfurcht untertänig recht nachkommen wollte, so würde wohl ohne Zweifel eine bessere und christlichere Welt bestehen, als es leider jetzt der Fall ist.

Ich danke meinem Gott, der es mir gegeben hat, daß ich mit dem heiligen Paulus das Böse hasse und dem Guten nachjage, daß ich wohl wollte, daß ich die ganze Welt aus ihrem gottlosen, bösen Wesen -und sei es mit meinem Blut -erlösen und für Christus gewinnen könnte. Daß ich meinen Gott von ganzem Herzen fürchten, lieb haben, ihn suchen und ihm dienen, für ihn Rechtes und Gutes tun und ein unsträflicher, frommer Christ sein möchte, das ist alles, was ich von seiner Gnade begehre.

Ich hoffe auch, durch des Herrn Barmherzigkeit, daß mich niemand auf dem ganzen Erdboden mit Wahrheit wegen eines geizigen und üppigen Lebens beschuldigen kann. Geld und reiche Tage habe ich nicht, begehre sie auch nicht, obgleich einige (leider!) aus einem verkehrten Herzen sagen, daß ich mehr Gebratenes esse als sie Gesottenes und daß ich mehr Wein trinke als sie Bier. Mein Herr und Meister Jesus Christus mußte in den Augen der Verkehrten auch ein Weinsäufer und Prasser sein. Ich hoffe, durch des Herrn Gnade, daß ich darin vor meinem Gott unschuldig und frei stehe. Er, der mich mit dem Blut seiner Liebe erkauft und mich, obgleich ich unwürdig bin, zu diesem Dienst berufen hat, kennt mich und weiß, daß ich weder Geld, noch Gut, noch Wollust, noch Bequemlichkeit auf Erden suche, sondern allein meines Herrn Preis, meine Seligkeit und die vieler Menschenseelen.

Deshalb habe ich mit meiner armen, schwachen Frau und den kleinen Kindern nun schon ins achtzehnte Jahr hinein so übermäßig viel Bangigkeit, Bedrängnis, Betrübnis, Elend und Verfolgung ertragen und überall in Todesgefahr und viel Furcht leben müssen. Ja, wenn die Prediger auf weichen Betten und Kissen liegen, müssen wir uns gewöhnlich in verborgenen Winkeln heimlich verstecken. Wenn sie auf allen Hochzeiten und Kindtaufen mit Pfeifen, Trommeln und Lauten Prahlen, müssen wir uns, wenn die Hunde bellen, vorsehen, ob nicht die Häscher da sind. Wo sie von einem jeden als Doktoren, Herren und Meister gegrüßt werden, müssen wir hören, daß wir als Wiedertäufer, Winkelprediger, Verführer und Ketzer und in des Teufels Namen gegrüßt werden müssen. Kurz, wo sie mit vielen großen Pfründen und guten Tagen herrlich für ihren Dienst belohnt werden, muß unser Lohn und Teil Feuer, Schwert und Tod sein.

Seht, meine getreuen Leser, in solcher Bangigkeit und Armut, in Jammer und Todesgefahr habe ich elender Mann den Dienst meines Herrn bis auf diese Stunde unverändert ausgeführt, hoffe auch, ihn durch seine Gnade zu seinem Preis auszuführen, solange ich in dieser Hütte wohne. Was ich und meine getreuen Mithelfer nun in diesem sehr schweren, gefährlichen Dienst gesucht haben oder haben suchen können, können alle Wohlgesinnten aus dem Werk und aus der Frucht ermessen.

Hiermit will ich den getreuen Leser noch einmal ; um Jesu willen in aller Demut bitten, mir doch dies notgedrungene Bekenntnis von meiner Erleuchtung, Bekehrung und Berufung abzunehmen und recht zu deuten. Ich habe es aus großer Not getan, damit der gottesfürchtige Leser wisse, wie es geschehen ist. Denn ich bin von den Predigern stets gelästert und ohne alle Wahrheit beschuldigt worden, ich sei von einer aufrührerischen und verführerischen Sekte ordiniert und in diesen Dienst berufen worden. Wer Gott fürchtet, der lese und urteile.

(gefunden auf glaubensstimme.de)

Quelle: www.Bibelportal.de

Weiterführender Text zum Thema Taufe: Die biblische Taufe